Früher gestaltete sich die Rechnung für Stadtwerke einfach: Das Elektrizitätswerk verdiente Geld, die öffentlichen Verkehrsmittel fuhren einen Verlust ein, und das kommunale Unternehmen stopfte mit dem Gewinn des einen Geschäftsfeldes die Löcher des anderen. Heute stellt sich die Lage etwas anders dar: Bus und Bahn erwirtschaften noch immer ein Defizit. Das E-Werk neuerdings auch – weil sich wegen der Energiewende alles, alles ändern muss.
Der Chef der Münchner Stadtwerke Florian Bieberbach bereitete Stadtverordnete und Öffentlichkeit vor ein paar Tagen schon einmal auf schlechte Zeiten vor. „Es ist nicht so, dass wir insolvenzgefährdet sind“, so Bieberbach im Münchner Merkur, „aber wir stehen vor einer längerfristigen Verschuldung, mit der wir uns nicht wohlfühlen.“ Derzeit liege die Verschuldung des Unternehmens bei zwei Milliarden Euro. Deshalb, so Bieberbachs Vorschlag, solle Münchens Stadtkasse für eine Zeit auf eine Gewinnabführung der Stadtwerke in Höhe von 100 Millionen Euro jährlich verzichten. Denn das Unternehmen brauche dringend Geld, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am 5. März 2015 schreibt, „für Milliardeninvestitionen in erneuerbare Energien“, vor allem in Offshore-Windfelder hoch im Norden.
Bisher hatten die Stadtwerke eher Kleckerbeträge in Ökoenergien gesteckt, beispielsweise 64 Millionen Euro in das spanische Solarthermiekraftwerk Andrasol. Weil die spanische Regierung die Privilegien für Solarstrom dann kappte, mussten die Münchner 2014 die gesamte Investitionssumme abschreiben. Mit klassischer Stromproduktion verdienen kommunalen E-Werke auch kaum noch etwas, weil das erratisch schwankende Überangebot an Grünstrom den Börsenpreis in den Keller drückt.
Da fällt es naturgemäß schwer, das Kapital überhaupt aufzubringen, das in neue Windräder fließen soll. Aber andere Stadtwerke zeigen, dass der Kraftakt sehr wohl zu meistern ist: Sie pumpen ihr Geld beziehungsweise das der Bürger trotz schwierigster Marktlage in Windkraft, weil die Anteilseigner – die Parteienmehrheit in der Ratsversammlung – dies so wünschen. In Erlangen führte das zur Totalabschreibung der Investition, weil die Winderträge weit unter den Erwartungen blieben. Über die Investition der Stadtwerke Mainz sagte Vorstandschef Detlev Höhne der FAZ:
„Die Anlagen – die … 2005 bis 2010 in Betrieb gegangen sind – bringen kein Ergebnis, bis zum heutigen Tage nicht.“ Schlimmer noch: Es gebe sogar leichte Verluste. Dies gehe allen Anlagen in Rheinland-Pfalz so: „Ich sehe keine einzige, die im Geld ist.“
Selbstverständlich wollen die politischen Mehrheiten an der Energiewende nicht rütteln. Sie sprechen von schlechten Windjahren, ungünstigen Rahmenbedingungen und davon, dass am weiteren Ausbau der Grünenergie nichts vorbeiführt. Wenn es irgendwann nichts mehr hilft, dass Stadtwerke wie München dafür ihre Überweisungen an die kommunale Kasse zusammenstreichen, könnten sie zu Spendenaktionen übergehen: Gerade in der bayerischen Hauptstadt besitzen die Bürger daheim noch das eine oder andere an Gold, das sie garantiert gern für Offshorewind-Plattformen aus Eisen geben.