Proaktiv im breiten Bündnis

Wolfgang Röhl auf der „Achse des Guten“ über „Plantagen des Blöden“

Vor gut 30 Jahren erschien ein legendäres Kompendium, Titel: „Dummdeutsch“. Sein Autor Eckhard Henscheid trat den damals gängigen Sprachquark der Werber-, Journalisten-, Politker- oder Psychokasperszenen eloquent in eine Tonne mit der Aufschrift „wichtigmacherische Brühe“.

Doch lässt Wortmüll sich nicht nachhaltig entsorgen. Es fällt ja dauernd neuer Unrat an, dafür sorgt die labernde Klasse. Mein Achse-Kollege Alexander Wendt hat deshalb einen bunten Strauß schnittfrischer Blumen des Blöden zu einem kleinen E-Book gebunden.

Den (etwa in Anwaltskanzleien) beliebten Schaumschnack „proaktiv“ kommentiert er wie folgt:

„Proaktiv und zeitnah muss Alk in disruptiver Absicht eingepflegt werden, um Businessquatsch zu ertragen.“ Die nebulösen „zivilgesellschaftlichen Kräfte“ erklärt Wendt ebenso kurz wie prokorrekt: „Nichtstaatliche Kräfte. Müssen vom Staat finanziert werden.“

Und wie verhält es sich mit diesen verdammten „Genen“? „Haben ein prima Leben. Sind für nichts verantwortlich.“

Was braucht es für „breite Bündnisse“, die allerorten zwecks Abwehr schändlicher Bestrebungen geknüpft werden (zum Beispiel von zivilgesellschaftlichen Kräften)? „Mehr als zwei, die das Richtige nicht nur denken, sondern auch identisch auszudrücken wissen.

Zur Not reichen auch genau zwei: ‚Ein breites Bündnis aus Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter.’ (Bernd Zeller)“. Manche Dumpfblume benötig keine Kommentierung. Bloß eine Quelle: „Horrorvision“: ‚Die Horrorvision steigender Straßenreinigungsgebühren konnte der zweite Bürgermeister Horst Lunitschek nicht bestätigen.’“

Kurzum, dank Wendts Blütenlese kann man sogar prekäre Situationen (wie Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln durch Tamil Nadu oder NRW) mit einem Lächeln auf den Lippen überstehen. Und das für den Preis einer halben Packung Marlboro!

Mein Lieblingsjuwel aus seiner Schatztruhe des Doofsprechs ist derzeit im Leitartiklermilieu sehr angesagt. Es handelt sich um jene tückische „Falle“, welche bestimmte Kulturkreise für törichte Bellizisten aufgestellt haben: „In sie darf nicht getappt werden. Der IS beispielsweise, darin weiß sich ein breites Bündnis aus Jakob Augstein und Jürgen Todenhöfer einig, wünscht sich nichts sehnlicher als die Bombardierung seiner Ölfelder, Bodentruppen vor Rakka und strengere Grenzkontrollen in Europa. In diese Falle sollten wir nicht tappen.


Gilt generell für alle Fallen. 


Beispielsatz: Wer sich bei Frost einen Schal umbindet, ist dem Winter schon in die Falle getappt.“

Weg mit Schal!

Hier geht’s zum E-Book:
http://www.amazon.de/Plantagen-Blöden-Kleines-Wörterbuch-Definitionen-ebook/dp/B01B85QGIK/

Kann auch über die Webseite
https://www.alexander-wendt.com als Bundle heruntergeladen werden, zu dem auch eine pdf-Version gehört. Wer kein Kindle hat oder mag, kann den Text damit auch am PC lesen.

Wir brauchen die Mattfeldt-Klothisierung Deutschlands!

Ich habe mir Plasbergs Genderdebatte II in der Mediathek angesehen. Besonders interessiert hatte mich der Neuzugang in der unterhaltsamen Miniserie, Sybille Mattfeldt-Kloth vom Landesfrauenrat Niedersachsen. Frau Mattfeldt-Kloth fand, die erste Aufführung der Sendung (also ohne sie) habe gegen das Grundgesetz verstoßen. Außerdem fragte sie eine Mitdiskutantin Sophia Thomalla, deren Meinung sie nicht teilte, worin denn der Mehrwert ihrer, Thomallas, Anwesenheit bestünde. Mehrmals rief SMK aus, sie wolle keinem den Mund verbieten.

Zu ihren Ausführungen formte sie mit den Händen, wenn ich es richtig beobachtet hatte, fortlaufend vier geometrische Figuren, die einander in unregelmäßiger Reihenfolge abwechselten.

Wie die Plasberg-Redaktion den so genannten sozialen Medien entnehmen konnte, fanden etliche Zuschauer die Beiträge der Landesfrauenrätin nicht gut. Einer schrieb, vor Plasberg I habe er neutral bis positiv über Gender gedacht. Das sei jetzt anders. Ausweislich etlicher Mails ging es während Plasberg II durch die Anwesenheit von Frau Mattfeldt-Kloth noch wesentlich mehr Leuten so als bei Plasberg I. Das Wort „Mehrwert“ will ich in diesem Zusammenhang nur ganz unpolemisch in den Raum stellen.

Ich weiß, viele stellten die Frage, warum die Frau mit den unentwegt formenden Händen eingeladen wurde, aber kein Evolutionsbiologe oder eine Genetikerin, die etwas über den Anteil der Natur an der Ausprägung der Geschlechterrolle hätten sagen können.

Ich denke da anders. Ich finde, Talkrunden über Gender sollten in Zukunft ausschließlich mit Sybille Mattfeldt-Kloth, Anton Hofreiter von den Grünen sowie Professiks Lanx Honx von der Humboldt-Uni Berlin besetzt werden und mindestens einmal pro Woche stattfinden. Das Wort zum Folgetag im Fernsehen dürften alternierend Katrin Göring-Eckardt und Aiman Mazyek sprechen, an jüdischen Feiertagen auch Evelyn Hecht-Galinski. Eine politische Talkshow wiederum müsste nur einmal für alle Themen mit Sahra Wagenknecht, Cem Özdemir, Jakob Augstein und Heribert Prantl abgedreht und dann zweimal pro Tag von einem Zusammenschluss aller Anstalten über das Land gesendet werden.

Sie fragen, warum ich ernsthaft so denke?

Als Jugendlicher empfand ich noch nicht einmal leichte Sympathien für den DDR-Sozialismus. Das verdanke ich unserem Staatsbürgerkundelehrer, der einen Seitenscheitel mit langen schwarzen Strähnen und einen Quadratbart unter der Nase trug und im Unterricht hauptsächlich laut aus dem „Neuen Deutschland“ vorlas. Und falls ich in meinem Leben doch noch eine Wendung zu Mystik und Religion nehmen sollte, würde ich mich vom Islam schon deshalb immer fernhalten, weil der Begriff für mich immer mit dem Gesicht von Abou Nagie und seinen „Lies“-Koranverteilern verbunden bleibt. Gegen die EKD bis ich allerspätestens seit einer Begegnung mit Margot Käßmann immun.

Deshalb finde ich, die üblichen aus Mischungsgründen eingeladenen Gäste wie Henryk Broder, Birgit Kelle, Ulrich Kutschera und Gunnar Heinsohn sollten ein paar Jahre Talkshowauftritte konsequent ausschlagen und die genannten Matadoren und Matadorinnen einfach in Reinstform machen lassen.

Vielleicht sagt Ihnen der Begriff Giuliani-Effekt etwas. Im letzten republikanischen Vorwahlkampf kam der langjährige New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani von vorn herein auf schlechte Sympathiewerte. Seine Berater stellten allerdings fest, dass diese Werte überall dort noch erheblich absackten, wo die Wähler ihrem Präsidentschaftskandidat persönlich begegneten.

Eine gründliche Mattfeldt-Klothisierung, davon bin ich überzeugt, würde Deutschland nach einem ähnlichen Muster verändern.
Ich höre schon die Frage: Was, wenn die Hofreiter, Göring-Eckardt, Augstein et al. merken, dass es ihnen geht wie Giuliani?
Keine Angst. Sie produzieren viele Ideen. Aber auf den Gedanken, sie könnten womöglich nicht die idealen Werbeträger ihrer Überzeugungen sein, kommen sie in hundert Jahren nicht.

Mittelerde mit Förderknete

Immer wenn es schlecht steht um die Energiewendestimmung, fällt der Blick von Redakteuren auf das Ökomusterdorf Jühnde bei Göttingen. Das 800-Seelen-Nest erinnert ein bisschen an die sozialistischen Musterdörfer, die in den Fünfzigern und Sechzigern östlich der Elbe entstanden, um die Endstufe des Fortschritts schon einmal auf kleinstem Raum vorzuführen. In dem vorbildlichen niedersächsischen Flecken produziert eine Biogasanlage Strom und Warmwasser, Windräder und Solarpanels steuern noch ein paar Megawattstunden bei. Selbstredend existieren schon ganze Festmeter an euphorischen Berichten über das Dorf, das die Energiewende schaffte, und viele Sendestunden des öffentlich-rechtlichen Funks lagern in den Archiven. Aber die gute Botschaft, dachten sich die Redakteure des „Stern“, kann gar nicht oft genug unters skeptische Volk gebracht werden. Erst recht, seit wegen der Energiewende hochmoderne Gaskraftwerke stillstehen, weil sie die Kosten nicht mehr einspielen, seit die Zahl durchsichert, dass zwei Drittel aller Windräder im Süden Verluste produzieren, und seit hier und da sogar in Zeitungen steht, dass Stromtrassen und Speicher fehlen und es sich bei den hochgelobten Green Jobs nur um subventionsgetränkte Mauerblümchen handelt.

„Nicht jammern, selbst machen! In Jühnde schafften die Leute die lokale Energiewende. Nun wollen sie mehr: eine bessere Welt“ titelten die „Stern“-Autoren (Stern 20/2015). Und: „Jühnde 2.0 könnte eine Blaupause liefern viele der 3000 deutschen Klein- und Mittelstädte.“ Zumindest dann, wenn es sich um Orte handelt, die nicht wesentlich mehr als 800 Menschen und die vor allem keine Industrieunternehmen beherbergen. Burghausen in Bayern ist auch nur ein kleiner Ort; das Werk der Wacker AG, die dort Polysilizium herstellt, verbraucht allerdings so viel Strom wie die Millionenstadt München.  Und das beschauliche Ludwigshafen verschluckt zusammen mit dem Stammwerk von BASF so viel elektrische Energie pro Jahr wie Dänemark. Wer nur ein wenig mit verfügbarer Fläche und Energiedichte rechnet, kommt schnell darauf, dass ein nach Jühnde-Vorbild mit Maisgas, Wind- und Sonnenstrom vollversorgtes Deutschland eben kein Industrieland mehr sein dürfte, sondern eine Art Mittelerde, in der bestenfalls Hausschornsteine qualmen.

Nun produzieren die Jühnder mit ihrer Biogasanlage sogar mehr Strom, als sie selbst brauchen. Wer den Strom haben will, darüber brauchen sie sich nicht den Kopf zu zerbrechen: dank des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) muss der Netzbetreiber ihnen den Überschuss zu einem Phantasiepreis abnehmen. „“Lieber schauen die Genossen auf ihr Konto, wo jede produzierte Kilowattstunde, die sie einspeisen, mit rund 20 Cent verbucht wird. Diesen hochsubventionierten Preis garantiert ihnen das EEG noch bis 2025“, berichtet der „Stern“. Nur zur Information am Rand: Das hochmoderne Gaskraftwerk Irsching in Bayern steht still, weil es sich selbst bei einem Produktionspreis von etwa 5 Cent pro Kilowattstunde nicht mehr rechnet. Denn der Börsenstrompreis liegt, auch dank der fröhlich eingespeisten Energiemengen vieler kleiner Jühndes, bei etwa 3,5 Cent. Abnahmeverpflichtung zu Preisen, die ein paar Millionen Verbraucher zwangssubventionieren, das gibt es natürlich nur für die Grünenergie, die zwar vom Honigtopf der Förderknete nicht loskommt, der aber in der politischen Rhetorik die Zukunft gehört, während subventionsfreie Gaskraftwerksbetreiber vom Markt fliegen. Und nur durch den stetigen Subventionsstrom von außen kann sich ein Ökowunderdorf wie Jühnde überhaupt rechnen, jedenfalls für die glücklichen Bewohner. Demnächst will die Ökogenossenschaft sogar nur noch Strom liefern, wenn er irgendwo gebraucht wird. Kein Problem, dafür gibt es nämlich eine vom Verbraucher ebenfalls bezahlte „Marktprämie“.

Die neueste Errungenschaft der Jühnder, rapportiert der „Stern“, revolutioniert jetzt sogar den ländlichen Verkehr: Im Dorf gibt es neuerdings eine Carsharing-Station für Elektromobile, die mit lokalem Strom betankt werden. Einen kleinen Erklärsatz bringen die Berichterstatter sehr unauffällig in ihrem Jubeltext unter: „Finanziert wurde das Pilotprojekt bislang mit Fördermitteln.“ Man sieht, kaum fließt anderen abgezwacktes Geld in Strömen, dann geht auf einmal sehr viel. Schließlich soll Deutschland ja seinen Anteil von 2,3 Prozent am weltweiten Kohlendioxidausstoß dringend reduzieren, vielleicht auf 2,15 Prozent. „Eigentlich“, sagt der Chef der Jühnder Öko-Genossenschaft den Stern-Leuten, „muss Deutschland Jühnde nur in groß denken, wenn es die Energiewende schaffen will.“

Ein industriefreies niedersächsisches Subventionsempfängerdorf mit 80 Millionen Einwohnern – so ähnlich, das steht zu befürchten, stellt sich auch das eine oder andere Regierungsmitglied in Berlin das Deutschland der Zukunft vor.

 

Ein Jahr „Grüner Blackout“

Als der „Grüne Blackout“ vor einem Jahr erscheinen sollte – zunächst nur als E-Book – winkte ein größerer Verlag ab, dem ich das Manuskript angeboten hatte. „Niedrige dreistellige Verkäufe“ würden da herauskommen, meinte der Chef. Wenn überhaupt.

Ich wollte nicht noch andere Verleger und Lektoren abklappern, sondern entschied mich, einen eigenen Kleinstverlag dafür zu gründen. Das hieß: Keine Marktmacht, ein Werbebudget von fast Null.

In den letzten 12 Monaten verkauften sich das E-Book und die folgende Taschenbuchausgabe über 4000 Mal. Die real existierende Energiewende selbst besorgte die beste Werbung für das Buch: Die Pleite von Prokon und zig anderen grünen Glücksritterfirmen, das Eingeständnis Sigmar Gabriels, die Energiewende stünde kurz vor dem Scheitern, der Kahlschlag in Wäldern, um noch mehr ineffiziente Windmühlen in die Landschaft zu pfropfen. Ein wenig widerstrebt es mir natürlich, mittelbar an einem Desaster zu verdienen. Aber den organisierten Wahn kann ich als einzelner nicht ändern. Aber Zusammenhänge erklären und die Scheinlogik von Grünenergiebegeisterten demontieren – das geht auf 170 Seiten durchaus.

Deshalb: Danke an alle Leser des „Grünen Blackout“. Vielen Dank auch an die kompetente Firma booklift, die mir und anderen hilft, Bücher im Netz bekannt zu machen! Danke für die vielen Mails mit Hinweisen und Anregungen. Und frohe Ostern!

 

Der Grüne Blackout in Dresden

Wer eine kritische Diskussion zur Energiewende erleben will, ist am 16. April in der Dresdner Wilhelm-Külz-Stiftung richtig: Dort stelle ich mein Buch „Der grüne Blackout“ vor. Anschließend folgt eine Debatte über die jüngsten Wendungen der Energiepolitik: Von Windrädern im Wald über Energietrassen ohne Plan bis zu dem neuen Versuch der Bundesregierung, Braunkohle aus dem Markt zu drängen.
(Hier das PDF der Veranstaltungsankündigung).

 

Windiges Geld

Ein einigermaßen realistisches Energiewendestück im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kommt spät, aber es kommt: Am 23. März um 22 Uhr sendet der NDR unter dem Titel „Windiges Geld“ eine 45-Minuten-Reportage über das Treiben der Windkraftlobby. Als der SWR vor einiger Zeit etwas ähnliches wagte, beschwerten sich die Grünen im Südwesten umgehend beim Intendanten und drohten „rechtliche Konsequenzen“ an – ein Verhalten, das man ansonsten nur von Carsten Maschmeyer und Gregor Gysi kennt.
 

„Jeder ist ein Reaktionär, wenn es um Dinge geht, mit denen er sich auskennt.“

– Robert Conquest

 

 

Die Energiewende schreitet kraftvoll voran

Früher gestaltete sich die Rechnung für Stadtwerke einfach: Das Elektrizitätswerk verdiente Geld, die öffentlichen Verkehrsmittel fuhren einen Verlust ein, und das kommunale Unternehmen stopfte mit dem Gewinn des einen Geschäftsfeldes die Löcher des anderen. Heute stellt sich die Lage etwas anders dar: Bus und Bahn erwirtschaften noch immer ein Defizit. Das E-Werk neuerdings auch – weil sich wegen der Energiewende alles, alles ändern muss.

Der Chef der Münchner Stadtwerke Florian Bieberbach bereitete Stadtverordnete und Öffentlichkeit vor ein paar Tagen schon einmal auf schlechte Zeiten vor. „Es ist nicht so, dass wir insolvenzgefährdet sind“, so Bieberbach im Münchner Merkur, „aber wir stehen vor einer längerfristigen Verschuldung, mit der wir uns nicht wohlfühlen.“ Derzeit liege die Verschuldung des Unternehmens bei zwei Milliarden Euro. Deshalb, so Bieberbachs Vorschlag, solle Münchens Stadtkasse für eine Zeit auf eine Gewinnabführung der Stadtwerke in Höhe von 100 Millionen Euro jährlich verzichten. Denn das Unternehmen brauche dringend Geld, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am 5. März 2015 schreibt, „für Milliardeninvestitionen in erneuerbare Energien“, vor allem in Offshore-Windfelder hoch im Norden.

 Bisher hatten die Stadtwerke eher Kleckerbeträge in Ökoenergien gesteckt, beispielsweise 64 Millionen Euro in das spanische Solarthermiekraftwerk Andrasol. Weil die spanische Regierung die Privilegien für Solarstrom dann kappte, mussten die Münchner 2014 die gesamte Investitionssumme abschreiben. Mit klassischer Stromproduktion verdienen kommunalen E-Werke auch kaum noch etwas, weil das erratisch schwankende Überangebot an Grünstrom den Börsenpreis in den Keller drückt.

Da fällt es naturgemäß schwer, das Kapital überhaupt aufzubringen, das in neue Windräder fließen soll. Aber andere Stadtwerke zeigen, dass der Kraftakt sehr wohl zu meistern ist: Sie pumpen ihr Geld beziehungsweise das der Bürger trotz schwierigster Marktlage in Windkraft, weil die Anteilseigner – die Parteienmehrheit in der Ratsversammlung – dies so wünschen. In Erlangen führte das zur Totalabschreibung der Investition, weil die Winderträge weit unter den Erwartungen blieben. Über die Investition der Stadtwerke Mainz sagte Vorstandschef Detlev Höhne der FAZ:

„Die Anlagen – die … 2005 bis 2010 in Betrieb gegangen sind – bringen kein Ergebnis, bis zum heutigen Tage nicht.“ Schlimmer noch: Es gebe sogar leichte Verluste. Dies gehe allen Anlagen in Rheinland-Pfalz so: „Ich sehe keine einzige, die im Geld ist.“

Selbstverständlich wollen die politischen Mehrheiten an der Energiewende nicht rütteln. Sie sprechen von schlechten Windjahren, ungünstigen Rahmenbedingungen und davon, dass am weiteren Ausbau der Grünenergie nichts vorbeiführt. Wenn es irgendwann nichts mehr hilft, dass Stadtwerke wie München dafür ihre Überweisungen an die kommunale Kasse zusammenstreichen, könnten sie zu Spendenaktionen übergehen: Gerade in der bayerischen Hauptstadt besitzen die Bürger daheim noch das eine oder andere an Gold, das sie garantiert gern für Offshorewind-Plattformen aus Eisen geben.

Was Sie schon immer über Juden und Windräder wissen wollten

Zu den beliebtesten Erzählungen über Juden gehört der Glaube an ihren Einfluss: nicht öffentlich, versteht sich, sondern klandestin ziehen sie Strippen in der Hochfinanz, den Medien und dem ganzen Rest dazwischen. „Juden haben zu viel Macht“ gehört zu den immergrünen Hits des Antisemitismus.

Vor kurzem stellte die Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung(IKG)der Universität Bielefeld fest, wie unverwüstlich in Deutschland das Narrativ vom Juden funktioniert,der überall dahintersteckt: “23 Prozent – also fast ein Viertel – der älteren Deutschen ab 60 Jahren, meint, ‚Juden haben zu viel Einfluss in Deutschland. Bei den Jüngeren bis 30 Jahren ist die Zahl mit knapp zehn Prozent zwar deutlich geringer. ‚Sie bleibt aber seit Jahren beinahe auf einem ähnlichen Stand. Wir scheinen uns damit abgefunden zu haben’, erklärt Beate Küpper vom IKG.“

Juden haben zu viel Einfluss – das ist freilich eine grobgestrickte Formulierung, die der „Süddeutschen“ so nie unterlaufen würde. Am 3. Februar schrieb das Münchner Blatt anlässlich des Netanjahu-Besuchs in den USA über die Aipac, das „American Israel Public Affairs Comittee“, in dem sich seit 1953 amerikanische Israel-Unterstützer organisieren: „Aipac gilt als eine der einflussreichsten Lobbygruppen in Washington, die Organisation vertritt zwar keine große Wählergruppe, verfügt aber über ein großes Spendernetzwerk, das etlichen Politikern im Wahlkampf helfen soll. Kritiker werfen Aipac vor, einen unverhältnismäßigen Einfluss auf Washington auszuüben, gemessen am geringen jüdischen Bevölkerungsanteil in den USA.“

Daraus geht nach Ansicht des Münchner Volksaufklärungsorgans zweierlei hervor: Juden haben – siehe oben –  zu viel Einfluss. Und die Unterstützung Israels kann bestenfalls eine exklusiv jüdische Angelegenheit sein, die sich kein anderer freiwillig ans Bein binden sollte oder dürfte.

Was zu der Frage führt: wie groß darf der legitime Einfluss einer Gruppe auf die Politik eigentlich ausfallen? Der jüdische Bevölkerungsanteil in den USA beträgt ungefähr zwei Prozent. Der Vergleich zu einem ganz anderen Milieu in Deutschland ist deshalb nicht ohne Reiz: In der Solarindustrie zwischen Garmisch und Flensburg arbeiten etwa noch 5000 Beschäftigte. Im harten Kern der grünen Industrie, also in der Produktion von Energieerzeugungsanlagen, verdienen schätzungsweise 60 000 Menschen ihr Geld. Das Bundesumweltministerium, das auch noch jeden Solarpanelinstallateur und Dämmplattenschrauber und auch so exotische Grünjobber wie Windberater und Klimabeauftragte zu den Werktätigen der Energiewende zählt, meldete 2011 mit 382 000 Beschäftigten einen Höchststand. Seitdem geht deren Zahl kontinuierlich nach unten.

Wer großzügig noch alle Windparkeigentümer, verpachtenden Landwirte und Solarworld-Aktienbesitzer dazuzählt und aufrundet, der kommt auf einen Personenkreis von grob 800 000 Deutschen, die von der Energiewende profitieren oder zumindest auf Geldvermehrung hoffen. Das wären ein Prozent der Bevölkerung. Deren Lobby gelingt es immerhin, ein System am Laufen zu halten, dass ihr für unverlangt produzierten Ökostrom jährlich über 23 Milliarden Euro überweist, obwohl die Energie an der Börse nur ein Bruchteil wert ist, sie schafft es, hunderttausende Mieter durch eine unsinnige Dämmung abzukassieren, die gesamte Energiebranche eines Industrielandes nach ihrem Gusto umzubauen und sich Wohlfühlgesetze à la carte schreiben zu lassen. Die Zeit, die der Lobby neben dieser Titanenarbeit noch bleibt, vertreibt sie sich mit Klagen darüber, wie wenig man auf sie hört.

Besäße die Aipac nur halb so viel Einfluss wie die grünen Druckmacher in Deutschland, dann sähe die amerikanische Israel-Politik mit Sicherheit anders aus.